Herr Puntila und sein Knecht Matti
Badische Landesbühne Bruchsal
Regie: Carsten Ramm
Musikalische Leitung: Oliver Taupp
Bühne: Tilo Schwarz
Kostüme: Kerstin Oelker
Nüchtern betrachtet, ist der finnische Gutsbesitzer Puntila ein eiskalter Kapitalist. Ohne Rücksicht auf Verluste beutet er seine Angestellten aus, misshandelt sie und führt ein strenges Regiment auf seinem Gut. Selbst die Verlobung seiner Tochter Eva mit dem Aristokraten Eino arrangiert er mit Kalkül. Sie kostet Puntila zwar seinen geliebten Wald, verschafft ihm aber Zugang zu höheren Kreisen. Doch mit steigendem Alkoholpegel wandelt sich der Tyrann zum Wohltäter, wird Schluck für Schluck „fast zum Menschen“: Als großzügiger Lebemann stößt er mit seinen Untergebenen auf die von ihm ersehnte Freundschaft an, schenkt Fremden Arbeit, Autos und ein offenes Ohr und angelt sich gleich vier Verlobte in einer Nacht. Mit durch Aquavit gelockerter Zunge gesteht er seinem Chauffeur Matti, dass ihm der Attaché als Schwiegersohn zuwider ist. Ausgerechnet in Matti sieht Puntila die ideale Partie für seine Tochter. Die hat natürlich auch längst ein Auge auf den pfiffigen Knecht geworfen. Es beginnt ein hochprozentiges Spiel um Liebe und Freundschaft, Macht und Knechtschaft, Herrschen und die Beherrschung verlieren.
Mit seinem im finnischen Exil geschrie¬benen, einzigen Volksstück eröffnete Bertolt Brecht im November 1949 das Berliner Ensemble und landete einen Welt¬erfolg. Die BLB Bruchsal zeigt in der Regie von Carsten Ramm Brechts Gesellschaftskritik als berauschende Komödie mit Livemusik. Eine gute Wahl hat er da getroffen für seine letzte Inszenierung im fünfundzwanzigsten Jahr seiner Bruchsaler Intendanz, bevor er das Gut der BLB endgültig verlässt. Man darf gespannt sein, was der Vollbluttheatermacher zum Abschied auf die Bühne bringt.